Billy Wagner – Nobelhart & Schmutzig

von einem befreundeten Koch empfohlen. Freute ich mich wie ein kleines Kind auf Weihnachten, bis wir endlich nach Berlin fuhren, um dieses Erlebnis zu erleben.

Von außen unscheinbar, sieht einem Bestattungsunternehmen ähnlich. Weiße Gardinen im Fenster, an der Tür ein Spion, hier kommt nicht jeder rein. Berlin Friedrichstraße. Kameras, Handys und Waffen müssen draussen bleiben, wie uns die Historie an der immer noch verschlossenen Tür, wir haben bereits geklingelt, zeigt.

18042050422_9300eb45bb_k

Die Tür öffnet sich und wir treten ein in die heiligen Hallen. Keine Kameras; keine Fotos auf der Homepage, damit jeder Gast eine Überraschung erlebt. Gute Idee. Wir wurden in der frechen Berliner Freundlichkeit begrüßt und platziert. Man sitzt nicht an Tischen, sondern um den Küchen-und Servicebereich herum. Zu viert gar nicht so leicht miteinander zu kommunizieren. Die Beleuchtung ist eher gedimmt, nur der Küchenbereich erstrahlt hell. Die Musik manchmal etwas zu rockig und zu laut, da ich genau unter dem Lautsprecher sitze, kommt vom Plattenspieler. Wunderbar, ich liebe das Knistern wenn die Platte endlich zu Ende ist, hat etwas beruhigendes.

Ich genieße den Abend. Das 10 Gang Menü geht sofort los. Wasser haben wir ja bereits im Glas. Schade, ich hätte gerne die Wein Empfehlung zum 10 Gang Menü genommen, aber leider wurde uns diese nicht empfohlen. Dann kam der Aperitif, statt des wärmstens empfohlenen Champagners, nahmen wir den Rhabarber Sekt aus Dänemark, den ich online, aus der fast 60seitigen Weinkarte bereits ausgewählt habe. Helles lachsrosa, leichte Rhabarber Nase und herb im Abgang; die Perlage, angenehmes, sanftes prickeln. Man soll mit den Händen essen, auf Grund dessen werden leicht warme, feuchte Handtücher, zum Hände waschen serviert. Ein gutes Gefühl. Alle Produkte kommen aus der näheren Umgebung, Beelitzer Spargel, Rapsblüten, selbstgemachte Butter, Salatgurken mit Vogelbeeren, Spinatessenz, Sellerie- und Schweinefett Consommé, Schweinenacken, Sauerampfer Sorbet und grünes Hafereis. Jeder Gang wird mit Leidenschaft am Gast präsentiert.

Irgendwann in der Mitte des Menüs wurde mir dann auch die Weinkarte gereicht. Billy Wagner, der begnadete Sommelier, ließ uns auswählen. Schade. Er ist doch die Hauptfigur in diesem Restaurant. Ich entschied mich für einen 2008 -Uhlen L- Laubach Riesling Qualitätswein Weingut Heymann-Löwenstein, der wunderbar karaffiert wurde, damit er seine Aromenvielfalt präsentieren kann. Herrliche Petrolnase, Pfirsich und Aprikose im Glas, Schmelz und idealer Restzucker am Gaumen, perfekt zu den leicht säurehaltigen Gerichten von Micha Schäfer. Komplexität und ein langer Abgang. Wunderbarer Wein, leider seine letzte Flasche. Diese Flasche hatte ein Loch und war aus diesem Grund, leider viel zu schnell leer. Eine zweite musste her. Als Jahrgangs Vergleich, wählte ich 2008 Maximin Abtsberg Riesling Kabinett, Maximin Grünhaus, einen traditionell gemachten Wein. Zuerst wurde uns aber versehentlich sein 2012er eingeschenkt, der noch leicht verschlossen und zu trocken, mit präsenter Säure nicht zu den filigranen Gerichten gepasst hätte. 2008er floss ins Glas, sehr viel heller als der Riesling von Heymann-Löwenstein, aber mit mehr Restzucker, wie uns Billy Wagner mitteilte. Leichter, süßer und spritziger. Spannender Vergleich. Typisch 2008, dieses verregnete Jahr. Vielleicht hätte ich die umgekehrte Reihenfolge vorgezogen. Auch diese Flasche scheint ein Loch zu haben. Im Anschluss ans Menü gab es Tee. Vorportionierte, frisch gepflückte Blumen in kleinen Gläsern, die mit perfekt temperiertem Wasser aufgegossen wurden. Minze und Kamille im Geschmack. Und frisch am Gast aufgebrühten Kaffee.

Alles in Allem, eine gelungene Vorstellung.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *